Einen „Anschlag auf die Demokratie“ nannte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz die merkelsche Strategie des stoischen Aussitzens heikler Themen zum Schaden der politischen Mitbewerber.

Die Hamburger entwarfen – so scheint es fast – eine Kampagne die praktisch nichts sagt. Man könnte meinen, sie wolle Diskussionen ausweichen und den inneren Dialog in den Köpfen der Wahlberechtigten dämpfen. Womöglich visualisiert diese inhaltliche Schlichtheit Jean-Remy von Matt’s Einschätzung von Merkel als „überlegenes Produkt“. Die flauschige, schwarzrotgoldene Kernbotschaft ist laut CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber „Deutschland liegt uns am Herzen.“

Nach 25 Jahren selbst auferlegter Enthaltung in Sachen Wahlkampfwerbung hatte Jung von Matt – nach agenturinterner demokratischer Willensbildung – mit dieser politischen Selbstbeschränkung gebrochen und sich mit einer Kampagne für den grünen österreichischen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen warmgespielt. Zur Vorbereitung der CDU-Kampagne hatten Guy Luchting und Mariza Kompatzki von Jung von Matt als eine Art ‚embedded creatives‘ im ‚Coworking-Space‘ mit 30 Arbeitsplätzen in der CDU-Wahlkampfzentrale Konrad-Adenauer-Haus Quartier bezogen.

 

Die Motivik

Vor einem Hintergrund sich überlagernder schwarzer, roter und gelber Streifen inszenieren die Werber ein Set von sechs Motiven mit Claims von geringem kontroversen Potenzial. Sie alle umkreisen die zentralen CDU-Kompetenzfelder Sicherheit, Wirtschaft und Familie und gerinnen in der beliebigen Kernaussage „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“ Für Heiterkeit in der Netzgemeinde sorgte Taubers Twitter-Hashtag #fedidwgugl und lud zu so mancher Vermutung bezüglich seiner Entstehung ein.

Peter Tauber ist vor seinem Laptop eingeschlafen und mit dem Kopf auf der Tastatur gelandet. Heraus kam der Hashtag #fedidwgugl.

— alf frommer (@siegstyle) 22. Juni 2017

Wohlig warm ums Herz wird den Betrachtern des Plakates beim Anblick der gütig lächelnden Angela Merkel. Da sind die kontroversen Aspekte ihrer Kanzlerschaft schnell vergessen.

 

Ein Motiv textet: „Europa stärken heißt Deutschland stärken.“ Der subtile Appell setzt geschickt den Hebel bei eventuellen Resten von Nationalgefühl beim wahlberechtigten Bewohner der BRD an, wohl um für ein Europa zu werben, das Deutschland nützt. Manch ein des Deutschen mächtiger Bürger anderer europäischer Staaten wird diesen Spruch zum ‚Exportweltmeister‘ womöglich mit Stirnrunzeln goutieren.

Wir wollen Europa nicht den Populisten überlassen„, kommentierte Tauber auf der Pressekonferenz am 22. Juni 2017 die in ihrer intellektuellen Schlichtheit durchaus populistisch lesbare und dabei recht unkreative Kampagne.

Die Plakate sollen in einer Auflage von insgesamt 300.000 Exemplaren ab sechs Wochen vor dem 24. September 2017 in ganz Deutschland für weitere vier Jahre Wohlbefinden unter Merkel werben. Insgesamt kann die CDU etwa 20 Millionen Euro für den Wahlkampf investieren.

Bildquelle: CDU