Logo London 2012

Vorwort: Heute ist die große Eröffnungsfeier in London, die Spiele können beginnen. Grund genug, einen unserer meist gelesenen und auch meist diskutierten Artikel vom letzten Jahr (10. März 2011) wieder aus der Versenkung zu holen, um nun aktuell die Eindrücke des Logos unmittelbar am Event selbst beurteilt zu hinterfragen. Wir sind gespannt. Nun aber zunächst zum originalen Artikel:

Als das Logo für die Olympischen Sommerspiele 2012 (London) veröffentlicht wurde, gab es DesignBote noch nicht. Dies ist wohl der Hauptgrund dafür, dass wir bislang noch nicht über das Vieleck aus dem Hause Wolff Olins, für das die Londoner Agentur rund 400 000 Pfund Sterling kassierte, berichtet haben. Nun nimmt die Kritik allerdings derartige Ausmaße an, dass wir nun in die Diskussion rund um den Siegerentwurf aus dem Jahre 2007 einsteigen möchten.

The new emblem is dynamic, modern and flexible. It will work with new technology and across traditional and new media networks. It will become London 2012’s visual icon, instantly recognisable amongst all age groups, all around the world. It will establish the character and identity of the London 2012 Games and what the Games will symbolise nationally and internationally.
Wolff Olins

Seit seiner Vorstellung steht das vieleckige Logo in der Kritik. Kritiker haben es schon kurz nach seiner Vorstellung regelrecht auseinander genommen, zu einem Hakenkreuz ummodeliert oder erkannten in dem Signet gar die Comic-Figur Lisa Simpson bei einem Blow-Job. Das vermeintlich junge Auftreten des Logos wurde ihm selbst quasi zum Verhängnis.

London Logo 2012

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Und wahrlich kann die gewollt junge Darstellungsform, die sich offensichtlich an Graffities anlehnt – ohne dabei überzeugend zu sein – mit einer mehr als unharmonischen Typografie überhaupt nicht überzeugen. Ja, wir gehen noch weiter und sagen, das Logo an sich ist schlicht und ergreifen unpassend und dem Event nicht angemessen. Zwar kann man den dynamischen Formen etwas wohlwollend noch Sportlichkeit zusprechen, aber wie in den unten platzierten Videos zu sehen, fällt die Idee der Dynamik, die die Filme an sich gut transportieren, der Wort-Bildmarke gänzlich zum Opfer. Und was hat die Designer bei Wolff Olins geritten als sie den Schriftzug »London« umgesetzt haben? Grauenvoll.

Internationale Kritik

Noch weiter geht nun in seiner Kritik der Iran. Der Staat in Vorderasien hat letzte Woche Protest in Form eines Briefes an IOC-Präsident Jacques Rogge gegen das Logo eingelegt und kündigte den Boykott der Spiele in London an. Die stilisierte Darstellung der Zahl 2012 ähnele dem Wort »Zion« und sei damit rassistisch, erklärte der Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees in Teheran, Bahram Afsharzadeh. Der Antisemitismus verwendet den Begriff »Zion« als symbolische Zusammenfassung eines angeblichen Weltjudentums. „Das Logo repräsentiert die Zahl 2012, sonst nichts“, antwortete das IOC in einer Erklärung.

Farblich animiert funktioniert das Signet besser, statisch verliert es massiv

Wieso glaubt man eigentlich das Gesicht zu verlieren, wenn man ein bereits veröffentlichtes Design noch einmal überarbeitet oder gleich ganz durch ein besseres ersetzt? Nicht auf Druck eines islamischen Landes, sondern aufgrund der simplen Erkenntnis keinen guten Job gemacht zu haben. Es ist ein viel größeres Armutszeugnis für eine Branding-Agentur bzw. für ein Olympisches Kommittee ein mieses Logo weiterhin stur zu verteidigen, obwohl die öffentliche Meinung längst dagegen ist und tausende Designer darüber lachen. Wieso gibt es vor Veranstaltungen von großem öffentlichen und medialen Interesse nicht mehr Meinungsumfragen zu Logo- oder Corporate Designs? Beispielsweise eine Auswahl der 10 Finalisten-Logos mit Online-Stimmabgabe?

Stattdessen wird wohl nun das Symbol der Londoner Designschmiede für »London 2012« als das schlechteste Olympia-Logo – wenn nicht sogar als eines der schlechtesten Logos der letzten 25 Jahre – in die Design-Annalen eingehen. Dicht gefolgt von den lächerlich infantilen Grinsegesichtern der FIFA Fußball-WM 2006 (entworfen von der bayrischen Agentur Abold und der ebenfalls aus London stammenden Agentur Whitestone).

Auch diese Animation funktioniert besser, als das 2D-Pendant.

Wolff Olins hatte beispielsweise mit der neuen CI für Aol wirklich einen guten Wurf gelandet, doch das Logo für die Olympischen Sommerspiele 2012 ist eine Farce. Das kryptisch-zerhackte Etwas hat Ähnlichkeit mit so ziemlich allem, nur nicht mit der Zahl »2012«. Von dem Wort »Shit« über einen Disco-Tänzer bis hin zu einem kopulierenden Liebespaar – der Phantasie sind bis heute keine Grenzen gesetzt. Nein, das war keine Sternstunde des internationalen Markendesigns!

london2012.com
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